Rip off Dschibuti Art dank Corona
Um 7 Uhr morgens stehen wir mit der aufgehenden Sonne auf, was natürlich total unnötig ist. Die Port Control ist bis um 9 Uhr nicht für uns zu sprechen, dann heisst es, sie rufen uns in zwei Stunden zurück, was nie passiert.
Bereits unterwegs im Indischen Ozean hatte ich versucht mit dem Hafenmeister Kontakt aufzunehmen. Ein Herr Adan hat mir auch prompt geantwortet, nur war das Mail zu gross, wir konnten es erst am Ankerplatz über Internet empfangen. Meine Frage an ihn war ganz einfach, ob man denn einen Agent benötige und einen PCR Test nach 4 Wochen auf hoher See und seine Antwort darauf „Nein, einen Agent benötigt man nicht, aber einen PCR Test am Ankerplatz.“ Wahnsinnig sinnvoll, aber so sind die Vorschriften.
Und genau da liegt der Hacken: ohne den Agenten ist es unmöglich an einen PCR Test am Ankerplatz heranzukommen. Das heisst, man ist diesem Agenten namens Ahssan tatsächlich ausgeliefert. Dieser verlangt nämlich zuzüglich zu der stolzen Summe von USD 285.- für Visa, PCR Test und Hafengebühren ausserdem eine noch viel stolzere Summe von USD 350.- für seinen Service. D.h. noch nie da gewesene USD 635.- für 4 Tage. Gut, jeder weitere Tag kostet dann nur mehr USD 10.- zusätzliche Hafengebühr.
Immerhin werden wir von der Seglergemeinschaft freundschaftlich begrüsst, Noel und Daniel von der Morgane, die wir schon seit den Marquesas kennen, versorgen uns mit Eiern, Baguette und Gipfeli und Fabienne und Dominique von der See You versorgen uns mit Infos und der SIM Karte des Agenten.
Neun andere Yachten stehen gerade im Ankerfeld und arbeiten alle mit Ahssan zusammen. Was auch sonst. Wir geben uns geschlagen und lassen ihm Bescheid geben, damit er für uns den „Doktor“ für den PCR Test organisiert, nach 1.5 Tagen taucht er mit diesem auf, der Doktor nimmt Abstrich und Spucke in seinen Röhrchen mit und nach einem weiteren Tag ist das negative Ergebnis da und wir dürfen mit Ahssan zur Einwanderung an Land. Da er gleichzeitig mit dem Auschecken von fünf anderen Yachten beschäftigt ist, fahren wir mit unserem eigenen Dingy. Doch im Büro fehlen gerade die Marken für unsere Visa, wir müssen in ein paar Stunden nochmal wieder kommen, da Ahssan entweder keine Zeit oder keine Lust hat – ein gravierender Fehler, wie er später feststellen wird.
Am Nachmittag holen wir bei dem freundlichen Beamten unsere Pässe ab, die mit je zwei 2000 Djibouti Franc Marken versehen wurden (d.h. gesamt USD 47 nicht USD 60 wie Ahssan von uns verlangt). Wir plaudern noch eine ganze Weile mit dem Beamten, er erzählt von den Nachbarstaaten Dschibuti’s, in denen allesamt Chaos und/oder Bürgerkrieg herrscht und dass daher viele somalische, erithreische und jemenitische Flüchtlinge in Dschibuti landen und von den internationalen Streitkräften (Amerikaner, Japaner, Chinesen, Europäer) mit denen Dschibuti zur eigenen Verteidigung zusammenarbeitet und die das rote Meer und den Golf von Aden gegen die Piraten schützen. Ausserdem versichert er uns, dass sein Land sicher ist und legt uns ans Herz, dass wir unseren Aufenthalt geniessen sollen. Zum Ausklarieren benötigt ihr einfach die Port Clearance und dann kommt ihr bei uns vorbei und wir stempeln Euch wieder aus, erklärt er uns noch am Schluss.
Leben in Dschibuti wie Gott in Frankreich – nur zu stolzeren Preisen…
Wir machen einen Abstecher in die Mall neben unserem Ankerplatz und decken uns mit „Industriegoodies“ wie Keksen, Chips und Dijon Senf ein. Mein sehnsüchtiger Blick ins Kühlregal ist von kurzer Dauer, bei den Preisen vergeht mir der Wunsch nach meinem Lieblingskäse „Bûche de Chèvre“ oder „Roquefort“. Dafür kommen noch 2 sündteure Päckchen Butter in den Einkaufswagen und ein paar Merguez und Stück Rind.
Am nächsten Morgen steht der lokale Frischmarkt „El Ryadh“ auf dem Programm. Beladen mit vier leeren Bidons für den Diesel fahren wir optimistisch mit dem Taxi zum Markt, doch die Tankstelle, die hier auf Maps.me mal nebendran war, ist leider nun eine Baugrube. Wir lassen unsere vier Bidon bei den Damen, denen wir ein Stück Stoff für die nächsten Flaggen abkaufen und machen uns erstmal auf den Weg durch den Markt. Begeistert kaufe ich 2 Rucksäcke voller Obst und Gemüse zu einem Bruchteil vom Preis im grossen Geant Supermarkt der Mall.
Dann laufen wir die 700 Meter zur nächsten Tankstelle und werden nicht schlecht bestaunt von den Menschen am Strassenrand, die hier auf ihre Minibusse warten. Zwei Weisse, die zusätzlich zu zwei schweren Rucksäcken und ein paar Einkaufstaschen noch 4 Kanister der staubigen Hauptstrasse entlang schleppen haben sie wahrscheinlich noch nicht oft gesehen.
An der Tankstelle frage ich noch, ob ich denn mit Karte zahlen kann, denn ich hab nur für ca. 100 Liter Diesel Cash und wir möchten 120 Liter füllen. „Na klar, dort drüben im Shop“ ist die Antwort des Eriträers, der wie so einige Zuwanderer hier kein Französisch spricht. Grosser Fehler, dies nicht sofort zu kontrollieren vor dem Auftanken der Bidons. Natürlich nimmt die Dame im Shop nur einheimische Karten und mir fehlen DJF 3000.- um zu zahlen.
Hilflos sehe ich mich um und überlege in welcher Richtung dieser verarmten Hauptstrasse nun ein Laden sein wird, die mir helfen könnte. In diesem Moment hält ein Herr in einem Pickup neben uns und sieht uns fragend an. Ich klage ihm unser Missgeschick und frage ihn ob er mir nicht zumindest einen Teilbetrag wechseln kann. Wir zeigen ihm dem Wechselkurs auf Oanda, und er gibt mir zu einem für ihn günstigen Kurs genau die Francs, die mir noch fehlen. Jetzt hab ich gerade noch das Geld für das Taxi übrig.
Wetterslot nehmen oder bleiben?
Hin und hergerissen sehen wir jeden Morgen den Wetterbericht an und entscheiden am Sonntag auf den nächsten Wetterslot zu warten und 30 Meilen weiter westlich im Lac Ghoubbet zum Schnorcheln und Tauchen zu gehen. Es soll dort bis im Februar Walhaie haben, diese riesigen Planktonfresser würde ich ja schon allzu gerne mal aus der Nähe sehen. Am Montag morgen sehe ich mir routinemässig den Wetterbericht wieder an, da ist der Slot für die folgende Woche wieder komplett verschwunden. Dafür sieht die sofortige Abfahrt besser denn je aus, wir sind uns ohne zu Zögern einig, dass das unsere Chance ist, wenn wir nicht noch mindestens 2 Wochen hier warten möchten. Zudem kehrt im März der Monsun allmählich.
„Sollen wir Ahssan anrufen, damit er uns auscheckt?“ ist die nächste Frage. Reto meint ja, immerhin zahlen wir ihm ja viel Geld. Ich meine nein, denn das werden wir noch sehen. Auf der Capitanerie du Port warten wir 20 Minuten bis der zuständige Beamte für Yachten auftaucht, er möchte USD 43.- für die 4 Tage (anstatt der USD 105.-, die Ahssan uns mitgeteilt hat) und rundet aber grosszügig auf USD 50 auf, die ich ihm natürlich gerne gebe. Das Scheinchen wandert schnell in seine Hosentasche, einen Beleg bekomme ich nicht, dafür die Port Clearance. Unser Freund auf der Immigration ist heute mehr am Krieg in der Ukraine als an uns interessiert, sein Gehilfe stempelt uns aus, wir sind frei zu gehen.
Als letzten Wunsch möchte ich noch in den Leaderprice, einem französischen Supermarkt, in dem ich in Martinique damals günstig Grosseinkauf gemacht hatte. Eine staubige Strasse zum Ausgang des Hafens führt uns bis fast dorthin. Irgendwie denke ich noch, sollten die Wächter am Tor uns sehen, damit sie uns im Anschluss wieder hineinlassen. Keine 20 Minuten später sind wir wieder zurück (auch die Preise im Leaderprice haben mich nicht zum Grosseinkauf ermuntert) und werden prompt nach unserem „Shore Pass“ gefragt. Ich zeige ihm das negative Testergebnis, doch das interessiert ihn nicht. Den Shore Pass, sonst könne er uns nicht in den Hafen lassen. Ich jammere ihm vor, dass wir ewig mit dem netten Beamten auf der Immigration geplaudert haben, aber einen Shore Pass hat er uns nicht gegeben, bis er schliesslich nachgibt und uns geschwind selbst durch den Check Point begleitet, der uns zurück in das Hafengelände zu unserem Dinghy führt.
Kurz vor unserm Schiff treffen wir auf Ahssan, der alles andere als gut gelaunt ist, denn der Hafenmeister hat ihn informiert, dass wir selbst ausgecheckt haben. Freundlich erkläre ich ihm die Situation, dass wir spontan aufbrechen möchten und erzähle ihm beiläufig was wir auf der Capitanierie gezahlt haben. Dann blättere ich ihm die USD 180.- für Test und Visa hin (bei denen er wie wir ja wissen auch ordentlich aufschlägt) und nochmals USD 40.- für seine Services. „Das ist das Doppelte, das andere Agenten in der Gegend hier so verlangen“ (Beispiel Malediven). Verdutzt sieht er mich an, kann es nicht fassen und gibt mir trotzig 20 Dollar wieder zurück. Offensichtlich realisiert er, dass er nichts gegen uns in der Hand hat, denn er betont „ok, ihr seid frei, ihr dürft gehen, ihr schuldet mir nichts mehr“ und zieht schlecht gelaunt davon.
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Wünsche Euch weiterhin viel Spass und Freude wahr wieder lässig den Bericht zu Lesen . Bis zum nächsten Tschüss
Vielen Dank lieber Leo! Ja die Geschichten gehen uns im Roten Meer noch nicht aus ;-)!
Was für ein Wahnsinn überall auf der Welt!
Danke, das Ihr das mit uns teilt. In der Zeitung steht sowas ja schliesslich nicht.
Gute gute Weiterfahrt!
Herzlich Eva
Liebe Eva,
ja gell, der Wahnsinn ist ziemlich unglaublich 😉 Aber je länger man unterwegs ist desto weniger wundert man sich welche Formen er jeweils annimmt, hauptsache viele verdienen daran, dann bleibt er gerne bestehen…