Geplante Instandhaltung an Bord – mehr Wartung, weniger Reparatur

In unserem letzten Beitrag erzählten wir über die Reparaturen an Bord der SHE SAN. Reparaturen sind immer dann nötig, wenn etwas unerwartet kaputt geht. Das macht bei manchen Sachen durchaus Sinn. Bei anderen Punkten macht es jedoch mehr Sinn durch geplante Wartung vorzubeugen, bevor etwas kaputt geht. Deswegen spricht man dann von der sogenannten „geplanten oder vorbeugenden Instandhaltung“.

Vor allem bei industriellen Anlagen, deren Kosten wegen Stillstand oder Qualitätsverlust sehr hoch sind, macht es Sinn, sich über die richtige Instandhaltungsmethode Gedanken zu machen. Da wir beide in diesem Bereich in unserer beruflichen Zeit aktiv involviert waren, war für uns klar, dies auch auf dem eigenen Schiff umzusetzen. 



An Bord eines Segelschiffs sind es nicht die Kosten, sondern die Sicherheit, die wichtig ist. Es ist durchaus von Vorteil, wenn der Motor in der Flaute direkt vor der Leeküste zuverlässig funktioniert. Wir hatten die Situation einmal in Indonesien, dass der erst kurz zuvor gewechselte Impeller am Backbord Motor seine Funktion aufgab und wir wegen Kühlwassermangel den Motor stoppen mussten. Die Strömung trieb uns direkt aufs Riff. In unserem Fall kein Problem, wir haben ja noch den Steuerbord Motor auf der SHE SAN, der uns zuverlässig von der Küste wegbrachte, bis Reto den Impeller tauschte.

Beim Ölwechsel hilft die kleine automatische Pumpe, mit der wir auch Diesel auffüllen.
Beim Ölwechsel hilft die kleine automatische Pumpe, mit der wir auch Diesel auffüllen.

Was heisst „Geplante (vorbeugende) Instandhaltung“?

Gemäss Google ist Geplante Instandhaltung: „Präventive Wartung, die nach festgelegten Zeitintervallen oder nach einer festen Anzahl von Nutzungen erfolgt, jedoch ohne vorherige Zustandsuntersuchung.“

Nach festgelegten Zeitintervallen, das kann auf dem Schiff zum Beispiel sein:
1x/Jahr, 1x/Quartal, 1x/Monat, 1x/Woche, 1x/Tag uvm.

Nach einer festen Anzahl Nutzungen ist auf dem Schiff zum Beispiel:
 nach 1000, 250 oder 100 Motorenstunden, bei jedem Segelwechsel, ect.

Wichtig hierbei ist, dass es eine Messgrösse ist, die auch automatisch erfasst wird. Im Bezug auf den Motor macht die Anzahl Motorenstunden in jedem Fall Sinn. So fanden wir auch unsere ersten Angaben von Yanmar etnweder in Motorenstunden oder in jährlich, 2 jährlich, ect…

Der Punkt mit der „vorherigen Zustandsuntersuchung“ bezieht sich auf eine weiterführende Instandhaltungspraxis in der Industrie, in der sich z.B. der Abnutzungsgrad eines Bauteils messen lässt und ab einem Schwellenwert der Austausch durch Sensoren „angeordnet“ wird. Das wäre bei der Wartung auf dem Segelboot dann doch etwas übertrieben, warum wir hier nicht weiter darauf eingehen.

Nicht zu unterschätzen sind jedoch die menschlichen Sensoren, die wir mit unseren Augen, Ohren und Geruchssinn haben. Sobald irgendetwas nicht mehr „normal“ aussieht, klingt oder riecht, ist es höchste Zeit, dem Grund nachzugehen.

Geplante Instandhaltung an Bord der SHE SAN

Gewisse Routinekontrollen gehören für uns „zur Seemannschaft“, die machen wir einfach, ohne sie zu protokollieren oder zu planen. Dazu gehört bei einem jeden Start des Motors kurz visuell zu zu prüfen, ob die Kontrollleuchten der Motoren funktionieren und das Kühlwasser in dem gewohnten Schwall aus dem Auspuff gestossen wird.

Ebenso nach ein oder zwei intensiven Tagen Motoren die Kontrolle des Motorenöls und ob irgendwelche Leckagen erkennbar sind.

Inspektionen und Wartungsarbeiten, die nicht so häufig nötig sind, planen wir in unserer Wartungstabelle „SHE SAN Planned Maintenance Log“.
Diese Tabelle haben wir zu Beginn unserer Reise im Computer erstellt und seitdem pflegen wir sie ausgedruckt von Hand mit den fortlaufenden Daten.

SHE SAN Planned Maintenance List
SHE SAN Planned Maintenance List (Seite 1)

Hier ein detailliertes Beispiel:

Geplante Instandhaltung an Bord - Wartung Motor Motorölwechsel
Planung der Geplanten Instandhaltung an Bord am Beipiel des Punktes Motorölwechsel

Im „Bereich“ Motor (1. Spalte) ist die „Komponente“ Motorenöl und Filter + SD/Saildrive (2. Spalte).

Bei „Was tun?“ (3. Spalte) steht „wechseln mit 15W40 API CH4“ (Qualitätsanforderung für das Motorenöl von Yanmar und seit den neuen Saildrives auch das Getriebeöl für den Saildrive).

Unter „Bemerkung“ (4. Spalte) noch ein Tip zur Ausführung: „Vorher Motor 30 Minuten aufwärmen, dann 10min mit 3500Um laufen lassen“. Das machen wir auf Anraten eines Yanmarmechnikers, um den Motor vor dem Ölwechsel „auszubrennen“.

Unter „Häufigkeit“ (5. Spalte) gleich ein interessanter Punkt: Man sieht in der ursprüglichen Tabelle, dass wir 300h angegeben hatten, diese irgendwann durchstrichen und durch 250h ersetzten, diese wieder durchstrichen und mit 300h ersetzten. Wenn dieser Prozess richtig läuft, sollten wir irgendwo vermerkt haben, warum wir diese Entscheidungen trafen, damit man später nachvollziehen kann, ob die Überlegeungen richtig waren.

Weiter gehts in den Spalten 6-9:
In der oberen Zeile stehen jeweils die Soll Stunden, bei der der nächste Ölwechsel fällig ist. Das ist hier zu Beginn 6200.
In der unteren Zeile ist oben dran die Ist Motorenstundenzahl, bei der der Ölwechsel tatsächlich gemacht wurde und das Datum des Ölwechsels. Mit 6220 Stunden haben wir also 20 Stunden „überzogen“.
Der nächste Sollwert errechnet sich nun aus dem Istwert plus der gerade geltenden Häufigkeit, das wäre jetzt 6220 Stunden plus 300 Stunden ist gleich 6520 Stunden.
Der nächste Istwert beträgt 6528 Stunden, ist immerhin nur 8 Stunden „überzogen“, das Datum fehlt hier leider. Der nächste Sollwert ist 6528 plus 300 = 6828 Stunden.

Mit diesem einfachen System haben wir relativ viele Punkte im Blick, natürlich müssen wir die Ist Motoren Stunden im Kopf haben bzw. aufschreiben und dann die ganze Liste durchgehen und vergleichen. Wenn ein Wartungspunkt „fällig“ ist, wird er mit einem Kreis versehen und auf der aktuellen „To Do Liste“ notiert.

Wir würden sagen, dass diese Methode auf dem Schiff gut reicht, um nichts zu übersehen. Unsere Motoren haben schon einige Stunden auf dem Buckel, aber wenn wir ihnen immer gutes Öl geben, die Filter regelmässig wechseln und zusehen, dass der Diesel nicht verschlammt, dann hoffen wir, dass wir noch eine Weile eine Freude an ihnen haben werden ;-). Natürlich wenden wir diese Methode nicht nur für die Wartung der Motoren an, sondern auch für vieles andere.

Hier die ganze Liste „SHE SAN Planned Maintenace Log“ als Excel Datei zum Herunterladen:

Diese Instandhaltungsliste ist inhaltlich nicht perfekt und nicht vollständig und passt sicher nicht für jedes Schiff. Sie soll lediglich eine Anregung sein, wie man auf einfache Art und Weise die Fälligkeiten der wichtigsten Instandhaltungspunkte im Auge behält. Wenn ihr Anregungen oder Verbesserungsvorschläge habt, schreibt uns bitte gerne einen Kommentar!

Zusätzlich führen wir der Übersicht halber noch ein chronologisches Instandhaltungslog. Dieses zeigt den Verlauf auch ausserordentlicher Reparaturen und Wartungen und ist etwas einfacher zu lesen.

chronologische Liste der Wartungsarbeiten an Bord im Bereich Motor
chronologische Liste der Wartungsarbeiten an Bord im Bereich Motor
Dieselfilter mit Spezialwerkzeug
Dieselfilter mit Spezialwerkzeug
Wechsel des Dieselfilters
Wechsel des Dieselfilters

Hier ein interessanter Link über die Durchführung einzelner Punkte im Bereich Motor von Yacht.de.

Gesunder Menschenverstand

Natürlich gilt für alles der gesunde Menschenverstand. Wenn man z.B. das Getriebeöl kontrolliert und dabei feststellt, dass das Getriebeöl milchig ist, dann wird man nicht warten, bis das Öl gemäss festgelegtem Zeitintervall oder Anzahl Motorenstunden gewechselt werden muss.

In diesem Fall empfiehlt es sich, so bald wie möglich das Öl zu wechseln und dem Ursprung des Wassers nachzugehen, das das Öl milchig macht. Bei uns an Bord wäre dies die Abdichtung unten am Saildrive zu wechseln, was aber nur geht, wenn das Schiff an Land steht.

Laufende Optimierung

Wichtig ist, dass der Wartungsplan erstens in der Realität durchführbar ist und zweitens sich weiterentwickelt. 

Ein allzu zu ehrgeiziger Plan nützt niemandem etwas, wenn am Ende nichts davon abgearbeitet wird. Lieber optimiert man die einzelnen Punkte laufend, wenn sie denn wirklich nötig sind und arbeitet sie in der Realität aber auch wirklich ab.



Hier ein Beispiel zur laufenden individuellen Optimierung der Instandhaltungspunkte auf der unserer Liste. Wir hatten ursprünglich von Yanmar übernommen, dass wir einerseits alle 250 Stunden den Impeller visuell kontrollieren und andererseits alle 750 Stunden gegen einen neuen Impeller austauschen.

Doch nur schon für die visuelle Kontrolle muss man den Impeller ausbauen, kontrollieren, neu fetten und wieder einbauen. Reto plagt sich immer fürchterlich in dem schmalen Spalt zwischen Bordwand und Motor das Ding rauszubekommen, aber noch viel mehr ihn wieder hinein zu friemeln.

Also entschieden wir nach ein paar Jahren den Punkt „Visuelle Kontrolle“ ganz wegzulassen und dafür einfach alle 500 Stunden den Impeller auszutauschen.

 Das erhöht zwar die Ersatzteilkosten etwas, dafür sparen wir uns einmal den Aus- und Einbau, was immer bei uns an Bord immer ein Ärgernis war. Natürlich kann man auch hier Pech haben, wie unser Beispiel in der Einleitung oben zeigt. Dort ging der gerade frisch gewechselte Impeller nach nur wenigen Stunden Motoren zu Bruch.

Fazit

In den ersten Segelbüchern, die wir gelesen haben, ging es immer um ungeplante Reperaturen unterwegs. Wir sind heute überzeugt, dass wir durch die regelmässige geplante Instandhaltung sehr viele Reparaturen vermeiden konnten und uns unangenehme Situationen unterwegs erspart haben.

Wir haben die Wartung auf dem Segelboot als ein wichtiger Teil des Lebens auf dem Schiff akzeptiert und nehmen uns regelmässig Zeit dafür. Es gehört einfach dazu ab und zu in einer wunderschönen Bucht vor Anker zu sein und im Motenraum zu schwitzen. Der anschliessende Sprung ins Wasser und das kühle Bier machen dann umso mehr Freude ;-).

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