Du brauchst neue Batterien für dein Segelboot, Wohnmobil oder die Alphütte und machst dir Gedanken wie das Umsetzungskonzept für Lithium auf Segelbooten aussieht? Dann bist Du hier richtig 😉
In der vierteiligen Artikelserie beschreibe ich (Reto) die Umrüstung auf Lithium Batterien für ein Segelboot auf unserem Katamaran SHE SAN.
Im ersten Teil wurden die Vorteile und die Kosten von Bleibatterien gegenüber Lithiumbatterien aufgezeigt.
Im folgenden Teil 2 beschreibe ich das Konzept der Installation. Ausserdem weise ich auf die typischen Hindernisse und Probleme hin.
Im dritten Teil erkläre ich den Einbau und die Einstellung der Parameter,
im vierten Teil beschreibe ich unsere Erfahrungen nach 3.5 Jahren nach Einbau.
Wenn Du Dich vertieft mit der Materie auseinander setzen willst, empfehle ich das Buch von David Andrea Battery Management Systems for Large Lithium-Ion Battery Packs, leider nur in Englisch erhältlich.
- Was braucht es alles für die Installation von Lithium Batterien auf einem Segelboot?
- Die einzelnen Komponenten für Lithium auf Segelbooten im Detail erklärt
- Lithium auf Segelbooten: Sicherheitskonzept
- Lithium auf Segelbooten: Umgebung
- Lithium auf Segelbooten: Eingesetzte und empfohlene Produkte
- Lithium auf Segelbooten: Buchempfehlungen
Was braucht es alles für die Installation von Lithium Batterien auf einem Segelboot?
Lithium Zellen (Konfektionierte Batterien „Drop ins“ vs einzelne Lithium Zellen)
Grundsätzlich muss man sich entscheiden, ob man fertig konfektionierte 12V Lithium Batterien (Packs) kauft oder den Batteriepack selber aus 3.2V Lithium Zellen zusammenstellt.
Konfektionierte Batterien – Drop Ins:
So genannte Drop Ins sind fertig konfektionierte Batterien für 12V oder auch 24V Systeme. Ist die Kapazität pro Pack zu klein, können sie wie Bleibatterien parallel geschalten werden. Das Batteriemanagementsystem (BMS) sowie die Lade- und Entlade Unterbrecher sind in der Regel bereits integriert.
Die verbauten Zellen sind die gleichen Zellen, die auch einzeln verbaut werden, lediglich in einem Gehäuse verpackt.
Die Installation von Drop Ins ist eine einfache Lösung, die auch der weniger erfahrene Bordelektriker umsetzten kann. Man ersetzt im wesentlichen die alten Batterien durch die Drop In Lithium Batterien.
Weiter ist auch der Installationsaufwand wesentlich kleiner, da man nicht alle Zellen miteinander verbinden muss.
Erfahrungsbericht mit Drop Ins von der SY CYNA:
„Wir haben keinen Kostenvergleich gemacht.
Mit dieser einen Batterie haben wir die gleiche Leistung wie bisher mit unseren 3 normalen Batterien!
Eine weitere Überlegung war für uns, die Tiefenentladung, das gibt es bei dieser Lithium Batterie nicht mehr. Der Einbau war kein Problem. Weiteres können wir derzeit nicht berichten, da wir sie erst heuer eingebaut haben.
Bisher sind wir sehr zufrieden. Für viele ist der enorme Preis zu hoch*, und daher ein Kauf ausgeschlossen.
Wir haben uns für dieses Modell entschieden, da es auf eine Empfehlung eines Freundes von uns war! Er ist Prof. an der Uni in Esslingen! Er ist ein Tüftler auf dem Gebiet Verbesserungen auf der SY Jalin„
Manu und Hans SY Cyna
http://segeln-cina.mozello.at/
Eingebaute Batterie: https://cs-batteries.de/Lithium-LiFePO4-Marine-Boot-Batterie-12V-120Ah
* Siehe dazu den Kostenvergleich im Teil 1 Blei vs Lithium auf Segelbooten
Folgende Punkte sind beim Einsatz von Drop Ins bei Lithium auf Segelbooten zu beachten:
- Man muss auch hier das Gesamtkonzept betrachten und klären, ob die ganze Umgebung (Regler, Lima etc. ) mit dieser Batterie umgehen kann.
- Es ist empfehlenswert die Batterien von einem bekannten Hersteller zu kaufen, der schon einige Jahre im Markt ist. Es gibt unzählige Angebote auf Aliexpress und Amazon zu Spottpreisen. Es ist schwierig zu sagen, welche qualitativ hochwertig sind. Im schlechtesten Fall sind es Batterien, die aus ein paar hundert 18550 Rundzellen Serie und Parallel geschaltet sind. Ein Ausfall auf einem Segelschiff ist damit vorprogrammiert.
Man muss auch wissen, dass viele dieser fertigen billigen Batterien nicht für Lithium auf Segelbooten gedacht sind. Oft werden Strassenlampen oder ähnliches damit betrieben. Das BMS, wenns denn eins hat und die Unterbrecher, falls vorhanden, sind daher zu klein dimensioniert und nicht für Ströme, die auf einem Segelboot vorherrschen, ausgelegt.
Es gibt einige Hersteller, die hochwertige Drop ins auch für Lithium auf Segelbooten herstellen. Hier ein Beispiel von Marine Boot, die auf der SY CYNA verbaut ist: https://cs-batteries.de/Lithium-LiFePO4-Marine-Boot-Batterie-12V-120Ah
Wenn man diesen Weg geht, sollte man sich folgende Fragen stellen.
- Ist der Hersteller bekannt und schon länger im Markt?
- Ist die Spezifikation der Lade- und Entladeunterbrecher (Contactors) im Datenblatt ersichtlich?
- Können die Über- und Unterspannungen am BMS verändert und überwacht werden?
- Gibt es akustische Warnungen oder entsprechende Ausgänge zu Steuerung eines Alarms im Fehlerfall?
- Kann ein separater Stromlauf für Laden und Entladen realisiert werden? Falls die Batterie überladen wird, sollte nur der Ladestrom gestoppt werden aber nicht die gesamte Stromversorgung. Ebenso dürfen beim Erreichen der minimalen Entladespannung nur die Verbraucher getrennt werden nicht aber die Ladesysteme.
Einzelne Lithium Zellen
Im Gegensatz zu den Drop Ins werden diese Zellen nur in grossen Fabriken mit einem sehr hohen Automatisierungsgrad hergestellt. Die qualitativ hochwertigen Hersteller der Zellen sind bekannt: CALB, Winston, etc. Diese Zellen werden auch von professionellen Herstellern für Drop ins verwendet.
Auch hier der Hinweis: Viele Schnäppchen auf Aliexpress etc. für CALB oder Winston Zellen sind oftmals Zellen, die die Spezifikationen nicht erreicht haben oder sogar schon gebraucht sind und dann auf diesen Plattformen verscherbelt werden.
Das kann folgende Nachteile haben:
- Kürzere Lebensdauer
- Schwierigkeiten beim Balancing
- Verringerte Kapazität
Für ein 12V System muss man 4 Zellen mit 3.2V in Serie schalten:
4 x 3.2V = 12.8V
Um die Kapazität zu erhöhen folgen weitere 4er Packs parallel.
Aber Achtung: es gibt verschiedene Methoden Zellen in Serie und Parallel zu schalten.
Dazu später mehr im Kapitel Verschalten der Zellen zu einem Batteriepack.
Auch ist es wünschenswert die Zellen mit fortlaufenden Seriennummern zu erhalten. Diese haben dann fast die gleichen Spezifikationen innerhalb der Toleranzen und dementsprechend auch die gleiche Lade und Entlade – Charakteristik. Professionelle Firmen sind in der Lage Zellen mit fortlaufenden Seriennummern zu liefern.
Battery Management System BMS
Das BMS ist die zentrale Steuereinheit, die die einzelnen Zellen laufend überwacht. Wichtig sind Zellenspannung, Temperatur, Lade- und Entladezustand und Strom. Es sorgt als letzte Instanz dafür, dass die Batterie vom Lade oder Entladestrang getrennt wird, wenn eine gemessene Grösse aus dem Ruder läuft. Es ist erforderlich, dass die Zellenspannung (und nicht nur die Spannung vom Batteriepack) einzeln gemessen werden kann. Dazu mehr im Kapitel BMS.
Lade- und Entladestrom Unterbrechung
Es ist wichtig, dass bei einer zu hohen Zellenspannung alle Ladesysteme von der Batterie getrennt werden. Das gleiche gilt für eine zu niedrige Zellenspannung, wo alle Verbraucher von der Batterie getrennt werden müssen damit die Batterie keinen Schaden nimmt. Diese Unterbrecher werden von dem BMS angesteuert.
Laderegler
Die Laderegler sind auch bei einem Lithium System notwendig, um den Ladevorgang wie in einer Bleibatterie zu regeln. Da nicht alle Laderegler (Lichtmaschine/Alternator, Solar, Wind, Hydro, Landstrom etc) für Lithium entwickelt wurden, ist zu prüfen, ob diese mit Lithium Batterien verwendet werden können. Dazu mehr im Kapitel Laderegler.
Die einzelnen Komponenten für Lithium auf Segelbooten im Detail erklärt
Batteriepack
Wir haben uns aus den folgenden Gründen für Zellen und nicht für Drop ins entschieden:
- Mehr Flexibilität beim BMS durch individuelle Einstellung der verschiedenen Werte
- Externe Unterbrecher (sogenannte Contactors) können individuell je nach maximalem Stromverbrauch evaluiert werden
- Sollte eine Zelle ausfallen, kann der ganze Pack redimensioniert und weiterhin betrieben werden
Konfiguration:
Um ein 12V System zu erhalten, müssen 4 Li Zellen in Serie geschaltet werden 4×3.2V = 12.8V (oder demzufolge 8 Zellen für ein 24V System)
Mit 4 Calb Zellen mit je einer Kapazität von 180Ah erhalten wir somit 180Ah mit 12.8V
Möchte man die Kapazität für ein 12V System erhöhen brauchen wir jeweils 4 zusätzliche Zellen und erhalten dann 360 Ah an 12.8V usw.
Die Anzahl der Zellen muss also immer durch 4 teilbar sein (demzufolge durch 8 bei einem 24V System).
Verschalten der Zellen zu einem Batteriepack
Es gibt 2 verschiedene Methoden Zellen zu einem 12V System zusammenzuschalten.
Methode 1:
Man schaltet 4 Zellen in Serie (4×3.2V=12.8v) und verbindet jede Reihe mit 4 Zellen parallel um die Kapazität zu erhöhen
Diese Konfiguration nennt sich 4S3P (zuerst 4 x Serie, dann 3 x Parallel)
Methode 2:
Man schaltet zuerst die Zellen parallel in unserem Fall 3 Zellen parallel und schaltet diese Packs 4x in Serie um eine Spannung von 12.8V zu erhalten. Diese Konfiguration nennt sich 3P4S (zuerst 3 Parallel, dann 4 Serie)
Technisch funktionieren beide Methoden gleich, jedoch ist die Methode 2 (3P4S) erheblich einfacher für das Batterie Management BMS (siehe Kapitel BMS).
Die verwendeten Calb 180Ah Zellen haben folgende Spezifikationen (Link zum Datenblatt):
- CCOV 3.65V (Charge Cut Off Voltage) Maximale Spannung beim Laden
- DCOV 2.5V (Discharge Cut Off Voltage) Minimale Spannung beim Entladen
Achtung: andere Zellen können andere Grenzwerte haben, deshalb immer im Datenblatt nachschauen.
Das sind die absoluten Grenzwerte. Im Unterschied zu einer Bleibatterie, die immer mal wieder auf 100% geladen werden muss, fühlt sich die Li Batterie wohl in einem Ladezustand von 20-90%.
Mit anderen Worten, das Laden der Batterie sollte bei einer Zellenspannung von 3.4V gestoppt werden, da die Zelle dann etwa 95% geladen ist.
3.4V x 4 gibt eine Packspannung von 13.6V
3.65V x 4 gibt eine Packspannung von 14.6V
Der Verzicht auf die 5% bringt folgende Vorteile:
- Sind beim Laden die 3.65V erreicht, geht alles sehr schnell, da die Ladekurve bei dieser Spannung schon ziemlich steil ist. Ist die maximale Ladespannung tiefer ist das Risiko einer Überladung und somit einer möglichen Beschädigung der Batterie wesentlich kleiner.
- Lithium Zellen mögen es nicht, immer voll geladen zu sein. Verständlich, auch die Gesundheit der Segler leidet, wenn sie jeden Tag voll sind… Die Lebensdauer wird in beiden Fällen erhöht ;-).
Grafik Ladekurve:
Batterie Management System BMS
Ein Batteriemanagement System BMS sollte folgende Aufgaben erfüllen:
- Messen der einzelnen Zellenspannung
- Messen der Zellentemperatur
- Messen des Ladestroms
- Messen der Batteriespannung (Pack)
- Berechnung des Ladezustands (State of charge SOC)
Das sind bisher lediglich Informationen zum Zustand der Zellen.
Noch wichtiger sind folgende Aufgaben:
- Den Spannungsausgleich der Zellen sicherstellen (Balancing)
- Abschalten des Ladestrangs bei Erreichen der maximal zulässigen Zellenspannung Charge Cut Off Voltage CCOV
- Abschalten des Entladestrangs bei Unterschreiten der minimal zulässigen Zellenspannung Discharge Cut of Voltage DCOV
- Abschalten des Lade- und Entladestrangs bei zu hoher Temperatur
- Warnung bevor die maximale oder minimale Zellenspannung erreicht ist
- Warnung bevor die maximale Temperatur erreicht ist
Alle diese Werte sollten individuell konfigurierbar sein.
Warum ist das Messen der Zellenspannung so wichtig? Kann nicht einfach die Batteriespannung gemessen werden?
Lithium Zellen sind extrem empfindlich, wenn sie zu hoch geladen oder zu viel entladen werden. Mit anderen Worten, die maximale Ladespannung darf nicht überschritten und die minimale Entladespannung darf ebenfalls nicht unterschritten werden.
Ein Unterschreiten der Entladespannung verringert die Kapazität der Zelle, zerstört sie aber in der Regel nicht, es sei denn, man macht sie ganz platt bis auf 0V.
Ein Überschreiten der maximalen Ladespannung birgt jedoch immer die Gefahr, dass man die Zelle zerstört. Im schlechtesten Fall wird die Zelle so überhitzt, dass sie explodiert. Nochmals zur Verdeutlichung in diesem Video am Beispiel LFP:
Da die Zellen unterschiedliche Spannungen haben können, kann die resultierende Summe trotzdem einen Wert innerhalb der Toleranz aufweisen. Deshalb muss in einem Pack jede Zelle separat gemessen werden.
Beispiel 1:
Alle Zellen sind ausbalanciert, hier reicht grundsätzlich die Messung der Gesamtspannung des Packs.
Beispiel 2:
Die Zellen sind nicht ausbalanciert. Die Packspannung beträgt 12.0V, also noch in der Toleranz, jedoch ist die Spannung von Zelle 1 bereits zu tief.
Beispiel 3:
Die Zellen sind nicht ausbalanciert. Die Packspannung beträgt 13.9V, also noch in der Toleranz, jedoch ist die Spannung von Zelle 3 bereits zu hoch!
Beispiel 4:
Die Zellen sind nicht ausbalanciert. Die Packspannung beträgt 12.3V, also noch in der Toleranz, jedoch ist die Spannung von Zelle 1 bereits zu hoch und die Spannung von Zelle 4 bereits zu tief.
Merke: Das BMS misst die Spannung jeder einzelnen Zelle und ist das zentrale Steuerelement damit die Zelle nicht überladen oder zu stark entladen wird.
Verschaltung in 4S3P oder 3P4S
Bei der 4S3P Verschaltung werden zuerst die 4 Zellen in Serie geschaltet und danach 3 mal parallel. Im folgenden Bild erkennt man sofort dass für eine individuelle Zellenüberwachung ein BMS pro Zelle notwendig würde. Dies erhöht den Verdrahtungsaufwand und die Kosten erheblich und macht somit wenig Sinn
Bei der 3P4S Verschaltung werden 3 Zellen Parallel und diese dann vier mal in Serie geschaltet. Wenn man nur 2 Zellen parallel schaltet (weniger Kapazität) nennt man die Verschaltungg 2P4S oder bei 4 Zellen parallel 4P4S. Hier kann die Parallelschaltung der 3 Zellen als eine Zelle betrachtet werden, da die Zellenspannung gleich bleibt. Somit braucht das BMS lediglich die Werte der 3 parallel Packs zu messen. Die meisten BMS sind auf diese Konfiguration ausgelegt
Welches BMS für Lithium auf Segelbooten?
Es gibt viele Hersteller von BMS. In unserem Fall hatten wir nur die Möglichkeit auszuwählen zwischen dem 123smart BMS und dem REC BMS, da nur diese hier in Malaysien erhältlich waren.
Wer die Auswahl hat sollte sich auch das Orion jr BMS anschauen.
Balancing Aktiv oder Passiv
Eine weitere Aufgabe des BMS ist das sogenannte Balancing. Erreicht die erste Zelle die eingestellte Balancing Spannung, wird der Ladevorgang an dieser Zelle gestoppt und die verbleibenden Zellen werden weiter geladen, bis sie diese Spannung erreicht haben.
Das macht Sinn, damit alle Zellen möglichst gemeinsam die Endladespannung erreichen.
Beim passiven Balancing (123 smart BMS) wird der Strom der schon geladenen Zelle lediglich über einen Widerstand in Wärme umgewandelt. Beim aktiven BMS (REC BMS und Orion Jr BMS) wird dieser Strom den verbleibenden Zellen zur Verfügung gestellt.
Aus folgenden weiteren Gründen haben wir uns für das REC BMS entschieden:
- Gehäuse IP67 somit marine tauglich, beim 123smart ist die Schaltung ungeschützt
- Aktives Balancing
- Externe Temperaturüberwachung, das 123smart heizt sich durch das passive Balancing selber auf und liefert dann falsche Temperaturen
- Einfachere Verdrahtung: Ein Draht zu jeder Zelle. Beim 123smart muss auf jede Zelle eine Platine montiert werden. Die Befestigungslöcher sind nur für M6 Schrauben und müssen für M8 (übliche Anschlüsse für höhere Kapazitäten) aufgebohrt werden.
Lithium auf Segelbooten: Sicherheitskonzept
Obwohl LiFePo4 Zellen schon sehr sicher betrieben werden können, macht es Sinn ein Sicherheitskonzept zu definieren, um den Worst Case möglichst zu verhindern.
Ein mehrstufiges Sicherheitskonzept stellt sicher, dass die Batterie nicht überladen oder zu viel entladen wird. Dies verhindert eine Beschädigung oder Zerstörung der Zelle und sorgt dafür, dass die Zelle nicht überhitzt oder gar Feuer fängt.
Laden
Hier geht es darum, dass die Ladespannung unter keinen Umständen die maximale Ladespannung der Zelle von 3.65V überschreitet.
Stufe 1: Der Laderegler
Prinzipiell soll der Laderegler dafür sorgen, dass die Batterie nicht überladen wird. Für Yachtanwendungen ist eine Zellenspannung von 3.4V völlig ausreichend, da die Zelle dann nahezu voll geladen ist. Das heisst im Idealfall sollte die maximale Reglerspannung auf 13.6V eingestellt werden. Einige Regler haben Lithium Ladeprogramme. Leider ist die maximale Ladespannung oft sehr hoch eingestellt (Victron 14.2V=3.55V pro Zelle)
Einstellung auf der SHE SAN: 13.8V also etwas höher als die idealen 13.6V da wir zwischen Regler und Batterie noch einen kleinen Spannungsabfall haben.
Merke: der Laderegler und nicht das BMS sollte den Ladevorgang regeln!
Stufe 2: Spannungsalarm
Sollte der Laderegler nicht bei der definierten Spannung aufhören zu Laden, ist die nächste Sicherheitsstufe ein Überspannungsalarm. Dieser kann bei den meisten Batteriemonitoren programmiert werden. Der Alarm weist darauf hin, dass die Batteriespannung über der eingestellten Reglerspannung liegt. Diese Alarmgrenze sollte etwas über der Reglerspannung liegen.
Einstellung She SAN: 14.0V, hier fängt der Batteriemonitor an zu piepen. Beim Victron Battery Monitor kann über diesen Alarm auch ein Relais angesteuert werden.
Stufe 3: Zellenalarm vom BMS
Hier erreicht die erste Zelle die für den Zellenalarm am BMS eingestellte Spannung. Dies ist die letzte Warnung vor dem Abschalten des Ladestrangs. Dieser Ausgang kann benutzt werden einen weiteren Alarm zu schalten oder Ladegeraäte auszuschalten.
Einstellung SHE SAN: 3.5V
Stufe 4: Abschalten des Ladestrangs
Wird diese am BMS eingestellte Zellenspannung (Charge Cut Off Vortage CCOV) erreicht, wird der Ladestrom von der Batterie durch den Contactor getrennt. Dies ist nun die letzte harte Massnahme, damit die Zellen keinen Schaden nehmen.
Alle Ladeeinheiten, die einen Soft Power Off haben sollten über diesen Eingang ausgeschaltet werden.
Einstellung SHE SAN: 3.55V
Die Stufe 4 soll in letzter Instanz die Zellen schützen. Damit andere Komponenten bei diesem Notstopp keinen Schaden nehmen, muss geklärt werden:
- Kann der Laderegler von der Batterie getrennt werden ohne dass er Schaden nimmt – das ist nicht bei allen Reglern der Fall!
- Wird ein magnetisches Relais eingesetzt, muss sichergestellt werden, dass die Induktionsspitze beim Einschalten keinen Schaden an anderen Geräten anrichtet. Qualitativ hochwertige magnetische Relais haben die notwendige Rücklaufdiode (Fly Back Diode) bereits eingebaut und sind entsprechend teurer.
Bemerkungen zum Sicherheitskonzept Laden:
Die 4 Stufen sind nur realisierbar wenn die Spannung an dem Regler individuell eingestellt werden kann oder der Regler über eine Einstellung für Lithium verfügt. Ist dies nicht der Fall werden zwar die Alarme aktiviert, aber der Regler lädt munter weiter und die Zellenspannung steigt bis der Contactor den Ladestrang unterbricht.
Es sind viele Regler im Einsatz bei denen die Spannungen nicht eingestellt werden können und die auch keine Lithium Einstellung haben. Dies ist kein KO Kriterium für den Regler, mann muss sich lediglich bewusst sein, dass das BMS dann den Ladestrom abbricht und man somit auf die Stufe 1 verzichtet. In diesem Fall empfiehlt es sich die Charge Cut Off Voltage etwas niedriger anzusetzen, damit noch etwas Sicherheit nach oben besteht. Ebenso muss sichergestellt werden, dass der Regler keinen Schaden nimmt wenn man ihn von der Batterie trennt.
Entladen
Das Sicherheitkonzept beim Entladen ist etwas einfacher. Man muss keine Regler steuern. Hier gilt es lediglich zu verhindern, dass sich die Zellen zu tief entladen und dadurch Schaden nehmen. Hier zunächst ein Blick auf die Entladekurve:
Man erkennt, dass die Spannung bis auf ca 3.1V Zellenspannung (12.4V Packspannung) ziemlich stabil bleibt und danach rapide abfällt.
1. Stufe: Unterspannungsalarm
Dies ist eine erste Warnung dass die Batteriespannung einen ersten kritischen Wert erreicht hat. Dieser Alarm kann einfach über den Batteriemonitor eingestellt werden.
Einstellung auf der SHE SAN: 12.4V
2. Stufe: Voralarm BMS
Ist diese Zellenspannung beim BMS erreicht, sollten grössere Verbraucher abgeschalten werden. Je nach BMS erfolgt dies automatisch. Erhält die Batterie dann immer noch Ladestrom, kann sie sich wieder erholen.
Einstellung auf der SHE SAN: 3.0V (12V Packspannung)
3. Stufe: Abschalten des Entladestrangs
Bei dieser Zellenspannung wird gesteuert durch das BMS der ganze Entladestrang mit dem Unterbrecher abgestellt. Dies verhindert eine Tiefenentladung und somit auch eine Beschädigung der Zelle.
Einstellung SHE SAN: 2.9V (11.6V Packspannung)
– zur Erinnerung: die minimale Spannung der Zelle gemäss Datenblatt liegt bei 2.5V
Abschalten vom Lade- und Entladestrang
Unterbrecher
Es ist notwendig, dass man einen separaten Strang für das Laden „Ladebus“ (Charging Bus) und einen separaten Strang für die Verbraucher „Entladebus“ (Discharging bus) erstellt. Dies ist wahrscheinlich auf vielen Yachten der grösste Änderungsaufwand.
In jeden Bus (Laden/Entladen) wird als erstes ein Unterbrecher (Contactor) geschalten.
Diese Unterbrecher werden vom BMS gesteuert und unterbrechen als letzte Sicherheitsstufe sofort den Lade- oder Entladebus im Falle einer Über- oder Unterspannung. Dies sollte nur der Fall sein, wenn was schief läuft, z.B. wenn ein Laderegler versagt oder zu viel Leistung über längere Zeit gezogen wird. Siehe auch Sicherheitskonzept.
Für die Dimensionierung muss man sich überlegen, wie viel Strom denn maximal beim Laden bzw. Entladen durchfliessen kann.
Es gibt 2 Technologien für Unterbrecher:
- Hochleistungsrelais, z.B. von Gigavac. Das sind normale Relais, die vom BMS angesteuert werden. Hier ist es wichtig, ein Relais auszuwählen, das eine Rücklaufdiode (ersichtlich im Datenblatt) bereits integriert hat, um beim Ein und Ausschalten keine Elektronik durch induktive Spannungsspitzen zu zerstören.
- Halbleiterrelais (eng. Solid State Relays)
Wir haben uns für Halbleiterrelais (eng. Solid State Relays) von Victron Energy entschieden.
Vorteile:
Wesentlich kleinerer Ruhestrom
Keine induktiven Spannungsspitzen
Nachteil:
Es muss absolut sichergestellt werden, dass der Strom nur in der zugelassenen Richtung durch das Relais fliesst, da es sonst zerstört wird.
Achtung: im Ladebus fliesst der Strom zur Batterie, im Entladebus von der Batterie weg.
Dies sicherzustellen kann bei kombinierten Lade Invertern etwas tricky sein, mehr dazu im Kapitel Installation.
Auf der SHE SAN im Einsatz sind Victron smart battery protect 220. 220 ist die Dauerbelastung in Ampere. Es gibt diesen Typ mit unterschiedlichen Belastungsgrenzen. Relais mit tieferen Belastungsgrenzen sind entsprechend günstiger.
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Lithium auf Segelbooten: Umgebung
Die Installation von Lithium Batterien ist nicht schwierig. Was das ganze etwas kompliziert macht, ist das Umfeld mit Ladereglern Alternatoren, etc. Hier liegen die meisten versteckten Kosten. Es lohnt sich somit ein Umbau auf Lithium als Gesamtsystem zu betrachten und jede Komponente einzeln zu analysieren, wie und ob sie ins Konzept passt.
Laderegler
Die meisten Laderegler sind (noch) nicht für Lithium Batterien entwickelt.
Bei vielen Reglern, die eine Lithium Kennlinie anbieten, ist die eingestellte Ladeschlussspannung meines Erachtens zu hoch.
Beispiel: Die Victron Solarregler haben im Lithium Mode eine Absorptionsspannung von 14.2V und eine Floatspannung von 13.5V.
Wie schon erwähnt ist eine ideale maximale Ladespannung bei 3.4V pro Zelle = 13.6V
Beim erwähnten Solar Controller ist die Cut off Spannung im Lithium Mode bei 14.2V das sind dann 3.55V pro Zelle und damit schon sehr nah an der maximalen Spannung der Zelle.
Auch wichtig ist, das Lithium keine Absorptionsladung (Erhaltungsladung) braucht. Ist die Zelle geladen, sollte der Ladestrom gestoppt werden. Eine kontinuierliche Erhaltungsladung wirkt sich im Gegensatz zu Bleiakkus negativ auf die Lebensdauer aus. Falls es nicht möglich ist die Erhaltungsladung abzuschalten, sollte diese auf eine Spannung von etwa 13V gesetzt werden, damit kein Strom mehr in die Batterie fliesst.
Kann ich meine Regler verwenden?
Mit den folgenden Kriterien kann man entscheiden ob der Regler zusammen mit Li Batterien eingesetzt werden kann:
- Können die Ladespannungen individuell konfiguriert werden, dies ist die optimale Situation!
- Gibt es eine Einstellung für Lithium, die bei maximal bei 14.2V aufhört zu laden?
- Hat der Regler einen Eingang, um ihn an und auszuschalten (Soft on off)?
- Kann der Regler unter Last von der Batterie getrennt werden, ohne dass er Schaden nimmt?
Diese Kriterien müssen für alle Ladegeräte auf dem Boot durchgespielt werden:
- Solarregler
- Hydrogenerator
- Windgenerator
- Landstrom
- Alternator
- Tretrad 😉
Alternator
Das Laden der Zellen mit dem Alternator bzw über den Motor muss speziell betrachtet werden.
Lädt man eine Bleibatterie über den Alternator, steigt die Batteriespannung rasch an und der Ladestrom sinkt. Das heisst, der Alternator muss nur für kurze Zeit seine volle Leistung abgeben.
Beim Laden einer Lithium Zelle wird über die gesamte Ladedauer ein hoher Strom aus dem Alternator gezogen (siehe Kapitel Aufladen und Entladen Lithium vs Blei im Teil 1). Viele Alternatoren sind dafür nicht dimensioniert. Sie können nur über eine begrenzte Zeit die volle Leistung abgeben. Betreibt man sie längere Zeit unter Vollast, überhitzen sie und verabschieden sich in die ewigen Jagdgründe.
Folgende Lösungen stehen zur Verfügung:
- Hochwertiger Alternator einsetzen, der die Dauerbelastung aushält, z.B. Balmar. Leider sind die Produkte von Balmar extrem teuer ;-( …
- Regler für das Laden mit dem Alternator einsetzen. Der Regler muss in der Lage sein den Ladestrom über die Erregerspule zu reduzieren falls die Betriebstemperatur zu hoch wird.
- Als kostengünstige Lösung kann die Temperatur am Alternator gemessen werden, um bei Überhitzung die Erregerspule zu unterbrechen. Diese Lösung ist auf der SHE SAN umgesetzt, da wir nicht in teure neue Regler oder Alternatoren investieren wollten. Allerdings erfordert diese Lösung etwas technisches Know How ;-).
Das folgende Video zeigt die Problematik beim Laden von Lithium Zellen mit einem Alternator
Bist du Interessiert wie die Umsetzung für Lithium auf Segelbooten aussieht?
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Brauchst du Unterstützung mit der Umsetzung? Gerne helfe ich dir weiter bezüglich Fragen und Umsetzung. Details findest du unter Online Beratung und Coaching für Blauwassersegler
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