Nach 7 Jahren Weltumsegelung zurück in der Südtürkei

Verschneite Gipfel – Türkei oder Schweiz?

Am Samstag, den 16. April nähern wir uns der Bucht von Finike und staunen nicht schlecht über die frisch verschneiten Gipfel, die die Bucht umragen. Kein Wunder ist mir trotz all meiner Klamotten immer noch so kalt…

Wir rufen die Marina auf dem VHF auf und bekommen von den Marineros den Platz am Quarantäne Pier zugewiesen. „Habt ihr einen Agenten? Nein? Dann holen wir Euch einen…“ wir verstehen, dass selbst einklarieren auch in der Türkei nicht erwünscht ist. 

Etwas später holt unser so beauftragter Agent unsere Pässe ab, trotzdem geht es stundenlang, bis wir die SHE SAN an ihren Liegeplatz verholen und selbst das Gelände verlassen dürfen.

Die verschneiten Berge hinder der Marina in Finike, Südtürkei hatten wir nicht erwartet
Die verschneiten Berge hatten wir nicht erwartet

Doch dann sind wir endlich „frei“. Was für ein Gefühl nach all den Wochen „gefangen an Bord“ im Sudan und in Ägypten. Sage und schreibe 6 Jahre und 7 Monate ist es her, dass wir unsere Weltumsegelung in der Türkei gestartet haben, unsicher was uns alles erwartet.

Wir pilgern in die Stadt, zahlen den Touristenpreis für eine SIM Karte und staunen nicht schlecht über die Entwicklung der Türkischen Lira. Vor 7 Jahren war ein Franken noch ca. 3 TL, heute sind es schon 16 (im April, im August sogar schon 18 TL).

Für uns erscheinen die Preise immer noch in etwa gleich, im Restaurant sogar günstiger, als wir es in Erinnerung haben. Das mag aber vielleicht auch daran liegen, dass Finike nur wenig touristisch ist, und die Preise eher am Lohnniveau der hier lebenden Menschen und nicht an den Touristen angepasst sind. So gehen wir begeistert beim Restaurant Neseli Balik („glücklicher Fisch“) essen und zahlen jeweils weniger wie CHF 20.- für einen Salat, eine Vorspeise und ein Hauptgericht.

Stolze Marina Preise und unmögliches Geschäftsgebaren

Sehr viel weniger Freunde macht uns die Marina mit ihren Preisen. Noch am Tag bevor wir in Isamalia im Suezkanal losgesegelt sind, hatten wir Kontakt mit dem Marina Manager Barbaros. Als wir dann vier Tage später in der Marina ankommen, haben sich die sowieso schon stolzen Preise gleich nochmals um 20 % erhöht. Pech, ist seine Aussage. Stinkwütend sitzen wir zum Zahlen im Büro und erinnern ihn nochmals an die Situation, dass er uns einen Tag vor Abreise nichts von dieser Preiserhöhung mitgeteilt hat. Da die Diskussion vermutlich zu sehr ins Büro seines Chefs schallt, beschwichtigt er uns schliesslich mit „Ok, only one day before, so I give you the old price…“.

In der Folge treffen wir einige Segler und Guletbesitzer, die genau die gleiche Erfahrung mit Barbaros gemacht haben. Schade eigentlich, der Ort hat uns sehr gut gefallen, doch werden wir uns überlegen wieder zu kommen.

Die Marina in Finike im Süden der Türkei
Die Marina in Finike im Süden der Türkei hält sichnicht immer an die angegeben Preise
Eine Landschildkröte beim Ausflug in den Hügeln oberhalb von Finike
Eine Landschildkröte beim Ausflug in den Hügeln oberhalb von Finike

Inoffizielle Umrundung

Fünfzehn Meilen weiter westlich liegt Gökkaya Limani, eine Bucht, in der wir im 2014 schon mit der SHE SAN waren. Wir verholen uns dorthin und feiern die Umrundung der Welt mit unserer SHE SAN, indem wir uns hier ein paar Tage Auszeit gönnen.

Auf dem Weg von Finike nach Gökkaya Limani
Auf dem Weg von Finike nach Gökkaya Limani
Die SHE SAN ankert nach gut 8 Jahren wieder in der Gökkaya Limani - wir feiern die Weltumsegelung als inoffiziell vollbracht
Die SHE SAN ankert nach gut 8 Jahren wieder in der Gökkaya Limani – wir feiern die Weltumsegelung als inoffiziell vollbracht

Tagelang erforschen wir die Lykischen Wege in alle Richtungen. In Demre besuchen wir die Kirche des heiligen Nikolaus und die lykischen Gräber in Myra, westlich vom Ankerplatz besuchen wir das Dorf Kalekoy (Simena) und das mittlerweile recht touristische Ücaiz. Ausser zum Wandern ist die Gegend auch perfekt zum Paddelboarden, es gibt eine Vielzahl an Inseln zum Umrunden, nicht selten mit irgendwelchen Ruinen oder lykischen Gräbern im Wasser oder an Land.

Die Felsengräber des Myra Antik Kenti bei Demre errinnern an die Traditionen der Lyker
Die Felsengräber des Myra Antik Kenti bei Demre errinnern an die Traditionen der Lyker
Das Amphitheater von Myra
Das Amphitheater von Myra
In Stein gehauene Gesichter und Figuren
In der Kirche des heiligen Nikolaus in Demre
In der Kirche des heiligen Nikolaus in Demre
Die antike Stadt Andriake am Hafen von Demre
Die antike Stadt Andriake am Hafen von Demre

Eine gute Woche verweilen wir in der Gegend und sind mehr wie beeindruckt von der Türkischen Gastfreundschaft. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht mit Obst oder Gemüse beschenkt werden, zum BBQ am Strand eingeladen werden oder von dem freundlichen Guletbesitzern Ahmet von Cheers Yachting oder Omar eingeladen werden. Das ist uns bisher nicht sehr oft auf der Welt so geschehen. Gedanklich reihen wir die Südtürkei zusammen mit Fidschi, den äusseren Marshallinseln und Ostindonesien zu den Gegenden ein, in denen wir auf unserer Weltumrundung am freundlichsten empfangen wurden.

Kale Köy oder Simena lädt zum Besuch der Burg ein, auf dem Weg gibt es leckeres Eis aus Ziegenmilch
Kale Köy (Simena) lädt zum Besuch der Burg ein, auf dem Weg hinauf gibt es leckeres Eis aus Ziegenmilch
Die Burg von Kaleköy / Simena Castle
Die Burg von Kaleköy / Simena Castle
Lykische Gräber im Osten von Kaleköy
Lykische Gräber im Osten von Kaleköy
Ücaiz (die 3 Münder) gegenüber von Kaleköy lockt mit vielen Restaurants und einem Steg für die Yachten
Ücaiz („die 3 Münder“) gegenüber von Kaleköy lockt mit vielen Restaurants und einem Steg für die Yachten
Im Westen der Kekova Strasse in Polemos Bükü
Im Westen der Kekova Strasse in Polemos Bükü
Lykisches Grab mit Inschrift in Aperlai
Lykisches Grab mit Inschrift in Aperlai, ca. 30 Minuten Fussmarsch von Polemos Bükü
Sonnenaufgang in Polemos Bükü in der Kekova Strasse
Sonnenaufgang in Polemos Bükü in der Kekova Strasse

Entlang der Lykischen Küste

Zirka zwanzig Meilen weiter westlich wartet die touristische Kleinstadt Kas darauf, dass wir sie entdecken. Aufgrund der Preise ziehen wir es vor, nicht in die Marina zu gehen. Wegen dem angesagten Wind suchen wir uns die kleine Bucht ca. Eine Meile südöstlich der Stadt aus. Nach einer Stunde erfolglosen Ankerversuchen greift der Anker endlich in der Südostecke der Bucht, direkt unter zwei grossen Felsengräbern. Wir vertauen die SHE SAN nach hinten, geniessen die Nähe zur Stadt und die Ruhe in „unserer Ecke“.

Die SHE  SAN liegt eine Meile östlich von Kas in Bayindir Limani mit 2 Heckleinen...
Die SHE SAN liegt eine Meile östlich von Kas in Bayindir Limani mit 2 Heckleinen…
...direkt unter einem Felsengrab
…direkt unter einem Felsengrab

In Kas darf ich auch zum ersten Mal in der Türkei den Bauernmarkt besuchen. Mir wird fast schwindlig von der Auswahl und die Preise sind für uns sensationell. Ich kaufe ein, so viel wir beide tragen können, am Rückweg gibt es noch einen Hühnerspiess und eine Portion türkischer Fleischbällchen im Restaurant um insgesamt sage und schreibe sieben Franken! Gut, für die zwei Bier dazu zahlen wir auch nochmal sechs Franken.

Ein Tagesschlag weiter in Richtung Nordwest bringt uns zu Can und Julie in der Bucht Karacoeren. Die ganze Familie ist zum Beginn des Festes zum Ende des Ramadan zu Besuch. Man wünscht sich „Iyi Bayramlar“, Süssigkeiten werden verteilt, das Fasten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ist wieder einmal geschafft. Can hatte uns vor 8 Jahren das Fischen beigebracht, stolz zeigen wir ihm die Bilder unserer 1.70 Meter grossen Goldmakrelen und des ebenso grossen Marlins.

Neben einem
Neben einem „Piratengulet“ in der Bucht von Karakören

Fünfzehn Meilen weiter nördlich fahren wir in die betriebsame Bucht von Fethiye ein und ankern zwischen Coast Guard und Marina. Das hübsche Städtchen ist nicht wenig touristisch, dafür ist die Auswahl an Restaurants riesig.

Die Burg von Fetiye kann man nur von aussen besichtigen, dafür ist der Ausblick über die Stadt lohnenswert.
Die Burg von Fetiye kann man nur von aussen besichtigen, dafür ist der Ausblick über die Stadt lohnenswert.

Am meisten fasziniert mich der unendlich grosse Bauernmarkt, auf dem die Bauern ihren eigenen Erzeugnisse verkaufen. Neben der gewaltigen Auswahl an Obst und Gemüse schwelgen wir in Oliven und Käse, kaufen frisches Bauernbrot, dicken Süzme Yoghurt und getrocknete Feigen. Am Ende sind wir so bepackt, dass wir die zwei Kilometer zurück zum Schiff gerade noch schaffen.

In knapp zwei Stunden hart am Wind überqueren wir die Bucht von Göcek. Auf der anderen Seite gibt es eine Vielzahl von kleineren und grösseren Buchten, viele davon mit Restaurant. Erst als wir in der dritten Bucht uns in eine Ecke neben zwei Superyachten quetschen, verstehen wir was los ist. Es ist das beliebteste Wochenende im ganzen Jahr, das Ende der Ramadan Feiern…

Kristallklares Wasser in der Bucht von Göcek
Kristallklares Wasser in der Bucht von Göcek

Wir verbringen die Zeit mit Wanderungen und Paddelboarden und stellen fest, dass der Flughafen Dalaman nur 10 Kilometer von hier entfernt ist. Uns ist klar, dass „der Urlaub“ nun bald vorbei ist und wir geniessen jeden Tag in der Bucht.

Welt umrundet

Nur zwei weitere kurze Schläge in Richtung Westen bringen uns in die Bucht von Marmaris, hier ist unsere Weltumsegelung tatsächlich vollendet. 

Mit den 32 Flaggen der besuchten Länder fahren wir nach 6 Jahren und 8 Monaten und 38’059 zurückgelegten Seemeilen wieder in die Yachtmarina ein. Ein gewaltiges Gefühl von Stolz und Dankbarkeit, es sicher und gesund geschafft zu haben auf der einen Seite steht einer gewissen Enttäuschung, dass die Reise in dieser Form nun „zu Ende“ ist, gegenüber. Hatten wir doch vor Covid noch so viele Pläne gehabt!

Die SHE SAN geschmückt mit allen 32 Flaggen der Weltumsegelung
Die SHE SAN geschmückt mit allen 32 Flaggen der Weltumsegelung

Nuri, ein alter bekannter von SK Yachting, begrüsst uns ungläubig „SHE SAN is back!“ und wir freuen uns riesig, dass er uns noch kennt. Natürlich kennt er das Schiff, es war ja schliesslich 12 Jahre bei SK in Charter. Kurz darauf gehen wir zum Chai und begrüssen die 50% der Belegschaft, die uns noch kennen.

Auch unsere Schiffsnachbarn Tanja und Igor begrüssen uns freundlich und können nicht fassen, dass wir gerade unsere Weltumrundung abgeschlossen haben. Tanja ist Russin und Igor ist Ukrainer, die letzten zwanzig Jahre haben sie in den USA gelebt. Wir haben eine Flasche Sekt kaltgestellt und teilen diese mit den beiden, während Tanja ein improvisiertes Abendessen auf den Tisch zaubert.

Nächstes Projekt: Mitsegeln auf der SHE SAN

Die nächsten Wochen sind voll mit Arbeit. Die Segel müssen repariert werden, die Saildrives bekommen neue Dämpfer, damit die Vibrationen aufhören (schon wieder ein Yanmar Design Fehler, für den wir als Kunde viel Geld zahlen müssen…), Diesel- und Wassertank brauchen dringend eine Generalreinigung, das Schiff innen und aussen auch.

Ausserdem beschaffen wir neue Spiegel, neue Matratzen und neue Wasserhähne und nähen endlich neue Überzüge für die Polster im Salon. Die SHE SAN muss wieder fit sein und im neuen Glanz erstrahlen, um im Herbst auch mal Mitsegler mitnehmen zu können. Falls ihr Interesse habt, schreibt uns einfach einen Kommentar oder eine Email ;-), wir freuen uns auf Euch!

Vorhergehende Beiträge:

4 Gedanken zu „Nach 7 Jahren Weltumsegelung zurück in der Südtürkei“

  1. Da bekomme ich Gänsehaut beim Lesen. Ihr habt so viel durchgestanden und geschafft. Herzlichen Glückwunsch und viele liebe und neugierige Gäste für She-San und euch. Wir kommen auch wieder gerne zu Euch aufs Schiff!

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  2. Ihr Lieben, danke auch für diesen Bericht. Wäre die Weltlage nicht so unabsehbar, ich käme gerne um erste Praxiserfahrungen zu sammeln. Für mich waren die Berichte eurer Reise auf dem Wasser, die für mich erste theoretische Kontakte mit Begriffen wie Genua, Schot, Knoten, hartem Wind usw….beinhaltete absolutes und sehr bereicherndes Neuland. Alles Gute und auf weiteres herzlich Eva

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    • Liebe Eva, unser Dank gilt Dir! Tatsächlich ist es uns gar nicht mehr bewusst, wie viele seltsame segelspezifische Wörter wir benutzen 😉 Lustig wirds dann immer, wenn es in English oder Französisch sein soll, den Wortschatz hab ich auch nicht in der Schule gelernt ;-). Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr? Würde uns freuen, ansonsten sicher bal mal wieder im hübschen Prättigau!
      Liebe Grüsse Angela und Reto

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